Viele Gastronomen und Ladenbesitzer mussten aufgrund des Lockdowns, der durch den Beginn der Corona-Pandemie ausgelöst wurde, ihre Betriebe schließen. Eine solche Schließung kann für viele von ihnen jedoch die Insolvenz bedeuten.
In etwa 25% aller Betroffenen haben sich für einen solchen Fall versichern lassen, doch viele Versicherungen weigern sich ihren Pflichten nachzukommen.
Die Rechtslage ist in diesem Fall leider nicht sehr eindeutig, entscheidend kann demnach sowohl der konkrete geschlossene Vertrag und dessen Inhalt sein, als auch die Entwicklung der Rechtssprechung.
Thomas Haukje, der Präsident des Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), verurteilt die Versicherungen für ihr Verhalten stark, die ihre Haftungspflicht vehement bestreiten.
Selbst bei Verträgen, die ausdrücklich eine „Betriebsversicherung aufgrund Infektionsgefahr“ aufweisen, verweigern viele Institute die Zahlung. In ihrer Rechtfertigung verweisen sie zumeist auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG), da in den meisten Verträgen festgehalten ist, dass eine Betriebsschließung wegen Krankheiten nur dann zutrifft, wenn eben diese Krankheiten im IfSG verzeichnet sind. COVID-19 sei demnach aber ein neuartiges Virus, das Anfang 2020 noch nicht gelistet und somit nicht zu den vertraglich abgesicherten Infektionen zählen würden.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stellt zudem dar, dass im Normalfall eine solche Versicherung nur zum Tragen käme, würde eine Krankheit speziell in einem Betrieb auftreten, der deswegen kurzzeitig geschlossen werden müsse, jedoch nicht, würde aufgrund der allgemeinen Sicherheit eine Betriebsschließung folgen.
Das Landgericht Mannheim stellt sich mit seinem Urteil Ende April (29.04.2020 11 O 66/20) hingegen auf die Seite der Versicherungsnehmer. Das Gericht weist in seiner Entscheidung auf §§ 6,7 IfSG hin, nach denen der Corona-Erreger meldepflichtig ist und geht zusätzlich auf die Generalklausel des § 6 Abs. 1 Nr.5 IfSG ein, die besagt, dass alle unbekannten Krankheiten sehr wohl vom Gesetz erfasst seien.
Hinzu käme, dass Versicherungsverträge so gestaltet sein müssen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer diesen verstehen und nach diesem handeln kann, was in diesem Fall nur zutreffend ist, wenn alle Betriebsschließungen, die aufgrund des IfSG angeordnet sind, einen Versicherungsfall darstellen.
Für das LG steht fest, dass auch faktische Betriebsschließungen unter den Versicherungsschutz fallen würden.
Sollten beispielsweise nur noch Geschäftsreisende in Hotels übernachten, die normalerweise nicht den überwiegenden Teil aller Gäste ausmachen, müsse das berücksichtigt werden.
Das Landgericht München geht sogar noch weiter und sagt, es käme nur auf die infektionsrechtliche Rechtsgrundlage an und Kurzarbeitergeld oder finanzielle Stützen von Staat und Behörden würden den Zahlungsanspruch nicht mindern.
Bei staatlichen Liquiditätszahlungen handle es sich schließlich nicht um Schadensersatzzahlungen, sondern um finanzielle Unterstützungen (LG München, 01.10.2020, 12 O 5895/20).
Viele Gastronomen wollen nun klagen. Bereits beim Landgericht München sind mehr als 80 Klagen gegen Betriebsschließungsversicherungen eingegangen. Für die Versicherungen könnte eine solche Klagewelle jedoch zu erheblichen finanziellen Engpässen führen.
Wichtig ist jedoch, dass sich Versicherungsnehmer, die eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen haben, nicht einschüchtern lassen. Die Urteile der Landgerichte Mannheim und München lassen hoffen, dass noch weitere Betroffene von ihren Versicherungen ausgezahlt werden müssen.
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